ZILTENDORF gestern & heute
Ortschronik der Gemeinde Ziltendorf
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Zum 100. Geburtstag von Margarete Schenk – „Ein Leben als Gastwirtin“

Margarete Schenk an ihrem 100. GeburtstagMargarete Schenk wurde am 09.10.1912 in eine Ziltendorfer Gastwirtsfamilie hinein geboren. Ihr Großvater Ernst Krüger  (1843-1919 Spitzname “Barsch Krüger“)war Schiffer und Eigentümer eines Lastkahnes, den er damals verkaufte und um 1895 das Gasthaus am Bahnhof erbaute. Nach 1900 wurde der Tanzsaal angebaut und auf dem Grundstück im Park entstand ein Sportplatz. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn, der Vater von Margarete Schenk, Hugo Krüger (1879-1964) mit seiner Frau Luise Krüger geb. Schnabel die Gaststätte. Im November 1927 erbaute er auf seinem Grundstück am Kleinen Pohlitzer See einen  Ausschank-Pavillon (2.50×4.00m), der „Hugosruh“ genannt wurde. Im Mai 1928 erhielt Hugo Krüger während der Sommermonate die „Erlaubnis zum  Ausschank alkoholfreier Getränke“, im Juni 1932 wurde dann Bier- und Trinkbranntwein- Ausschank gestattet. 1933 wurde der Pavillon nach einem Brand größer und mit einer überdachten Tanzfläche wieder aufgebaut. „Hugosruh“ wurde zu einem bekannten Ausflugsziel, selbst für die „Berliner Badegäste“ .Die Sommergaststätte war sehr beliebt, man gab ihr auch den Namen „Klein Swinemünde“. An der Nord-Ost-Seite des angrenzenden Großen Pohlitzer Sees wurde in den späten 30er Jahren von Fischer Hopke aus Ziltendorf ebenfalls eine Getränke und Badestelle eingerichtet. Der Preußische Forstmeister, Herr Busse (Siehdichum), genehmigt im März 1941 das Baden und Schwimmen im „Kleinen Pohlitzer See“ (Tiefe d. Badefläche wird mit 75m festgesetzt). Nach dem Krieg wurde die Gaststätte am 10. 06. 1948  wieder in Betrieb genommen und durch Fremdvermietung aufrechterhalten. So wuchs die Tochter Margarete mit ihrem Bruder Georg in einem gut funktionierenden Gaststättenbetrieb auf, lernte von klein auf dieses Gewerbe kennen und die Liebe zu diesem Beruf. Die Gaststätte war in den 20er Jahren Vereinslokal des Arbeiter-Turnvereins von Ziltendorf. Gretchen war bereits mit 10 Jahren in der Frauenriege beim Barren-Turnen sehr erfolgreich. Auch im Gesangsverein war sie ein aktives Mitglied.

Von 6-10 Jahren besuchte Gretchen die Grundschule in Ziltendorf. Danach bis zum Abschluss der 8. Klasse lernte sie an der Heinrich v. Kleist-Schule in Frankfurt/Oder. Anschließend besuchte sie die Handelsschule und mit 16 Jahren in Bad Harzburg eine Haushaltschule. Tanzen und Sport war schon damals ihre Leidenschaft.  1937 heiratete Margarete Krüger den Ziltendorfer Buchhalter Walter Schenk (Eltern: Hermann und  Anna Schenk). Sie bekamen zwei Söhne: Klaus Schenk geb. 1937  und Jochen Schenk geb. 1942. Sie hat jetzt  3 Enkel- und 4 Urenkelkinder. Margarete arbeitete immer im väterlichen Betrieb mit, ihr Bruder Georg war nach dem Krieg im Gaststättengewerbe in Westdeutschland tätig.Margarete Schenk_02

Nach dem Krieg und der Gründung der DDR, wurde die Handelsorganisation „ HO“ vom Staat gegründet und die Besitzer der Privatbetriebe überzeugt, die Gaststätte in HO-Kommission zu betreiben. Mit der Ansiedlung der Arbeitskräfte für das EKO und dem Aufbau von Stalinstadt wuchs auch das Interesse für ein Naherholungszentrum. „Klein Swinemünde“ sah man von der Stadtverwaltung als das geeignete Objekt dazu. Unter Anwendung des Aufbaugesetzes wurde Hugo Krüger 1958 vom Rat der Stadt Stalinstadt genötigt, den Grund und Boden mit der Gaststätte zu verkaufen. Danach blieb die Gaststätte und der Badebetrieb noch 2 Jahre erhalten. Dann wurde der Betrieb eingestellt und das Gebäude nebst Grundstück der LPG Pohlitz für die Entenintensivhaltung übergeben. Damit war der Zerfall und die Zerstörung des Gaststättengebäudes preisgegeben. Der See wurde durch die Entenaufzucht verseucht und für den Badebetrieb gesperrt. In dieser Zeit übertrug Margaretes Vater das Grundstück seiner Tochter und somit wurde sie auch Eigentümerin der Gaststätte. Neben dem täglichen Gaststättenbetrieb fanden in den 50-er Jahren auch noch Veranstaltungen wie Erntefeste , Sportlerball, Anglervergnügen, Maskenball und Silvestertanz im Saal statt. Zur Ausgestaltung der Räume bei diesen Feiern zeichnete der Malermeister Ewald Borchert oft lustige Plakate. Bei großen Veranstaltungen halfen Frau Behrend und Frau Stier und natürlich ihr Ehemann Walter aus, der nach seiner Arbeit als Buchhalter bei der LPG-BHG fast täglich nach Feierabend in der Gaststätte mithalf. Als 1951 mit dem Aufbau des Eisenhüttenkombinates „EKO“ und den dazu gehörigen Anlagen so in Ziltendorf der moderne große Rangierbahnhof entstand, war anfangs in den Räumen der Gaststätte ein Teil der Bauleitung und später eine HO-Verkaufsstelle, (auch zur Versorgung der Bauarbeiter) in dem Verandazimmer eingemietet. Die Arbeiter ließen sich bei der netten Gastwirtin regelmäßig 1 gepflegtes Bier oder mehr, 1 Korn und eine Bockwurst oder einen Kaffee vor der Abfahrt des Zuges schmecken. Die Bockwurst wurde aus dem Fleischkombinat bezogen und wird noch jetzt als die schmackhafteste Bockwurst gelobt! Bier und Limonade wurden aus der Klosterbrauerei Neuzelle  bezogen. Eine Molle und 1 Korn kostete bei Schenks 1 Mark (DDR) !!

"Mutter Schenk" hinterm TresenNoch jetzt erzählen die männlichen Gäste: „Das bestgezapfte Bier im ganzen Umkreis gab es nur bei Frau Schenk“!!! (weil die Bierleitungen ständig gespült und die Zapfhähne gesäubert wurden). Margarete Schenk verkörperte eine Gastwirtin, wie man sich eine wünscht: Akkurat, charmant, freundlich , qualitätsbewusst, aber auch energisch. Sie ist zwischen manche Streithähne gegangen, hat ein Machtwort gesprochen und sie zur Ordnung gerufen. Jahrelange Stammgäste waren z.B. Hermann Schapke (Bahnvorsteher Ziltendorf), Käthe Löchelt, die Schwenks, Gustav Fest, Grassmann‘s Lisbeth, Kurt Krüger(„Kirschenkrüger“ genannt, hat mit Herrn Klischke manche Brigadeveranstaltung mit Geigen-und Klavierspiel umrahmt). Helmut Behrend (Meister der Signalwerkstatt), Helmut Puder, Willi Göritz (Korbmachermeister).

In den 60er Jahren wurde auch Margarete Schenk Kommissionshändlerin der HO. Auch in dieser Zeit waren ihre gelungenen Feiern zu Silvester, zum Fasching und die Brigadeveranstaltungen (Weihnachten, Frauentag) bekannt. In den 70er Jahren bildete sich aus der“ jüngeren“ Nachbarschaft ein „Stammtisch“, der ihrer Wirtin bis zur Schließung der Gaststätte treu blieb. Mit dabei waren u.a. Heinz Gluschke, Dieter Göritz, Martin Schneider, Kurt Radloff, Udo Schwiegk , Klaus- und Jochen Schenk. Margarete musste auf Grund der Krankheit ihres Mannes noch mit 60 Jahren die Fahrerlaubnis erwerben. Als flotte „Trabbi-Fahrerin“ war Frau Schenk ortsbekannt, da sie noch mit 85 Jahren forsch durch die Gegend brummte und die anfallenden Haushaltsdinge noch selbstständig erledigte.Die Gaststätte am Bahnhof - in der Neuzeit

1989, nach der Wende, stiegen die Getränkepreise um das Mehrfache, so dass viele Gäste ausblieben und Margarete Schenk mit  78 Jahren das Gewerbe abmeldete, die Gaststätte schloss. Das Grundstück wurde nach 2 jährigem Leerstand 2006 verkauft. Bis  Dezember 2004 wohnte sie alleine in ihrer Wohnung.  Aus gesundheitlichen Gründen wollte sie nicht mehr allein im großen Haus sein und zog mit 93 Jahren in das Seniorenheim „Haus Bernhardt“ in Eisenhüttenstadt. Sie lebte sich ganz schnell in die neue Umgebung ein. Mit ihrer netten, lebendigen Art, hatte sie sofort Frauen um sich, mit denen sie freundschaftlich verkehrte und alle überlebte. Sie nahm bis vor einem Jahr an allen Aktivitäten des Seniorenheimes teil. Sie fühlte sich wohl und ist beliebt bei den Mitbewohnern und Pflegern. Ihr Gesundheitszustand hat sich im Laufe der Zeit verschlechtert, aber sie konnte noch am 09.10.2012 ihren 100. GEBURTSTAG im Heim und in Ziltendorf mit ihren ehemaligen Nachbarn, Bekannten und Verwandten im Bürgerhaus genießen und sich feiern lassen.

Hallo, ich möchte noch eine Bestellung aufgeben: „  GRETCHEN,  1 MOLLE  UND  1 KORN !!!!  „

Verfasst, am 18.01.2013 von Ute Schenk

todesanzeige_schenk

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