Motive vor der Haustür: Viele Werke von Kurt Radloff zeigen die Oderregion
Vor 60 Jahren kam Kurt Radloff in das Dorf – damals noch als Lehrer. Erst viel später begann er zu malen. Heute dokumentieren seine Werke, wie sich der Ort verändert hat.
Als der heutige Rentner im Jahr 1951 nach Ziltendorf kam, um seinen Dienst als Lehrer anzutreten, hatte er weder etwas mit Bildern zu tun, noch war ihm die Gegend sonderlich vertraut. Inzwischen kennt er die Umgebung genauestens, vielleicht sogar detaillierter als manch anderer. Nach seiner Pensionierung hat er nämlich, vor mittlerweile 20 Jahren, ein neues Hobby begonnen: Kurt Radloff malt – und zwar vor allem Motive aus Ziltendorf und Umgebung.
„Mein erstes Motiv damals war eine südländische Landschaft“, erzählt der Maler beim Durchsehen seiner Bilder-Dokumentation. Zwei ganze Bücher füllt diese schon. In seinem Haus in Ziltendorf hat er mittlerweile auch eine stolze Sammlung von rund 180 eigenen Bildern. Die meisten davon wurden mit Ölfarben auf Leinwand gebracht.
Mit Fotografien seiner Werke wurde für das Jahr 2012 ein Kalender produziert. Zeigen kann er davon keinen mehr – bis auf den letzten wurden alle verkauft. „Der Kalender wurde sehr gut angenommen, vor allem bei den Älteren hier in Ziltendorf“, erzählt er. Sie seien ja auch diejenigen, die die Originale seiner Motive überhaupt kennen: nämlich Gebäude, die es heute gar nicht mehr gibt. Die Ziltendorfer Mühle zum Beispiel. „Sie war das größte Gebäude im Ort“, erklärt Radloff, der die Mühle mehrmals als Motiv für seine Bilder nutzte. Der Rentner selbst kennt sie auch noch in Betrieb, bevor sie nach der deutsch-deutschen Wende immer mehr verfiel. „Es war nur noch eine Ruine, die dann 2009 abgerissen wurde“, erinnert er sich. Heute lässt sich die Existenz der Ziltendorfer Mühle vor Ort nicht einmal mehr erahnen. „Es ist nichts mehr da, alles weg. Auch das Haus, das als Landambulatorium diente. Wer es nicht kennt, weiß gar nicht, wo er da ist“, so der Maler. Ähnlich verhält es sich mit dem Seebad Ziltendorf am Pohlitzer See. „Das war eine Art Naherholungsgebiet, ein beliebtes Sommerziel“, berichtet der Rentner. Nach dem Krieg sei das schon zugrunde gegangen. „Aber der kleine See war auch zu meiner Zeit noch ein großer Anziehungspunkt. Unsere Jugend haben wir da verbracht“, erinnert sich der Rentner. Die Bilder des Kalenders zeigen noch einige weitere Gebäude aus der Geschichte Ziltendorfs. „Eben alles, was es nicht mehr gibt“, erklärt Kurt Radloff. Außer ihm würden sich natürlich auch noch viele andere Leute im Ort daran erinnern. „Sie wollten die Bilder in echt sehen und nicht nur abfotografiert im Kalender“, erklärt Radloff die Idee, aus der eine Ausstellung entstand.
Seit Januar sind im örtlichen Bürgerhaus nämlich rund 30 Bilder des 78-Jährigen zu sehen, die Gebäude und Landschaftsmotive aus der Oderregion zeigen. Außer den Gebäuden aus vergangenen Zeiten wird auch das Oderhochwasser von 1997 thematisiert. Der Maler hat die Eindrücke der Katastrophe in seinen Bildern festgehalten.
Momentan ist Kurt Radloff schon wieder dabei, eine weitere Ausstellung vorzubereiten. Bei der Wiesenauer Zeidel-Kirmes im Juni sollen Bilder von ihm gezeigt werden. Der Maler hat sich dafür auf einige Themen festgelegt: Aktmotive, Ziltendorf und Umgebung, nachgemalte Motive alter Meister, Stillleben, Portraits und Urlaubsmotive.
„Wir haben viele Länder bereist, haben viel fotografiert, was ich dann gemalt habe.“ Die meisten seiner Motive seien aber dennoch aus Ziltendorf und Umgebung. Und für dieses Schaffen ist nicht nur Ziltendorfs Bürgermeister Danny Langhagel dankbar. Der örtlichen Grundschule beispielsweise hat er Bilder von den sieben Weltwundern zur Verfügung gestellt. „Die Kinder können so einen Eindruck gewinnen, was überhaupt ein Weltwunder bedeutet. In der Schule sind die Bilder jedenfalls besser aufgehoben als in meinem Keller“, so der pensionierte Lehrer.
Eine Freude konnte er auch den älteren Menschen in Ziltendorf bereiten: mit Bildern der alten Dorfkirche, die im Krieg vollkommen ruiniert wurde. Viele Ältere, die dort beispielsweise noch konfirmiert wurden, hätten unbedingt ein Bild des Gebäudes aus vergangener Zeit haben wollen. „Nun konnte ich ja schlecht 20 Bilder malen, also hab ich eines fotografiert und Exemplare davon hinter Glas gepackt“, so Radloff.
Der Maler fühlt sich wohl in Ziltendorf, gehört der örtlichen Blaskapelle an. „Leider sind wir nur noch ein alter Kern. Die Älteren sterben, die jungen Leute sind verstreut“, bedauert Kurt Radloff. Große Auftritte könnten deshalb nicht mehr angenommen werden. „Aber so kleine Sachen im Ort wie Geburtstage oder Festivitäten mit dem Chor zusammen machen wir noch ganz gerne.“
Quelle: Oderlandspiegel vom 27.04.2012, Fotos: Anne Golling